Karlsruhe/Region
Wie viel Cannabisbesitz ist zu viel? Urteil des Karlsruher Amtsgericht richtungsweisend
Karlsruhe/Region (ln) Bis vor eineinhalb Wochen war der Besitz von zu viel Cannabis ein Verbrechen. Im juristischen Sinne heißt das, Gefängnisstrafe, und zwar nicht unter einem Jahr. Seit der Legalisierung ist es eine Straftat, eine Haft ist nur noch beim Besitz einer nicht geringen Menge an Cannabis möglich. Allerdings hat die Bundesregierung nicht definiert, was eine nicht geringe Menge ist – das überließ sie den Gerichten. Nun hat das Karlsruher Amtsgericht als eines der ersten festgelegt, ab wie viel Gramm eine Cannabismenge nicht mehr gering ist.
Innerhalb des eigenen Wohnsitzes ist der Besitz von 50 Gramm Cannabis erlaubt – außerhalb sind es 25 Gramm. Alles darüber hinaus ist eine Straftat. Bei einer nicht geringen Menge an Cannabis kann es sogar zu Haftstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren kommen. Dass die Bundesregierung nicht festgelegt hat, ab wann eine Menge Cannabis „nicht gering“ ist, ist laut Julia Kürz vom Amtsgericht Karlsruhe gängige Praxis bei neuen Gesetzen für Drogen. Da die Bundesregierung nicht pauschal für jeden Fall entscheiden kann, lässt sie die Gerichte die Mengen festlegen. Als eines der ersten Gerichte Deutschlands hat das Amtsgericht Karlsruhe bestimmt: Das zehnfache der erlaubten Menge gilt als nicht gering: 500 Gramm innen, 250 Gramm außen.
Früher war der Besitz von zu viel Cannabis ein Verbrechen, wofür die Gerichte eine Mindeststrafe von einem Jahr aussprechen. Nun, wo der Besitz höchstens ein Straftatbestand ist, müssen manche Urteile zum Thema Cannabis, die noch nicht vollstreckt sind, neu verhandelt werden. Das bedeute eine gewisse Mehrbelastung am Amtsgericht.
Und nicht nur die Gerichte, auch die Polizei muss sich nach der Legalisierung ans neue Gesetz anpassen. Ein Richtwert, was genau eine nicht geringe Menge darstellt komme ihr somit entgegen. Trotz Legalisierung wird sie im Verdachtsfall noch immer Häuser und Wohnungen durchsuchen, um illegale Mengen an Gras sicherzustellen.
Die Polizei lobt das Urteil des Amtsgerichts als erstes richtungsweisendes Signal, um das Cannabis-Gesetz mit konkreten Zahlen zu bestücken. Besonders, wie andere Gerichte, auch höhere, dieses Urteil aufnehmen, wird von den Ordnungshütern mit großem Interesse beobachtet. Das Urteil leiste juristische Pionierarbeit und könnte auch andere Rechtssprüche beeinflussen.
Die „nicht geringe Menge“ bleibt auch nach dem Karlsruher Urteil ein sogenannter „unbestimmter Rechtsbegriff“. Das heißt, ein Patentrezept gibt es nicht und auch verschiedene Gerichtsurteile werden die Gesetzeslage im Regelfall nicht ändern. Bei der Frage, in welcher Dimension die erlaubten 50 Gramm zu Hause überschritten wurden, kann also jedes Gericht sein eigenes Urteil fällen.