Region
Zum Jahrestag des Hamas-Angriffs: Polizei der Region bereitet sich auf erhöhte Gefahr vor
Fast 3000 Kilometer Luftlinie sind es vom Gaza-Streifen bis in die Region Mittelbaden. Dennoch war die mentale Erschütterung über den Terroranschlag am 7. Oktober 2023 bis hierher zu spüren. So wundert es nicht weiter, dass viele Gedenkveranstaltungen und Demonstrationen an den Angriff der radikal islamistischen Organisation Hamas angekündigt sind. Da der Konflikt um Israel und Palästina im Gaza-Streifen aber in fast allen Gesellschaftsschichten polarisiert, fürchtet die Gewerkschaft der Polizei in Baden-Württemberg um die Sicherheit der jeweiligen Versammlungen.
„Der Ausbruch des Krieges im vergangenen Jahr hat die Sicherheitsbedingungen deutlich verschärft – auch hier in Deutschland. Besonders in größeren Städten sind Sympathisanten beider Seiten an diesem Tag stark durch das Gedenken an die Angriffe aufgewiegelt. Wir rechnen also mit einer erhöhten Gefahr, die bis hin zu gewaltsamen Übergriffen auf Veranstaltungen führen könnte.“
– Gundram Lottmann, Landesvorsitzender Gewerkschaft der Polizei
Aus diesem Grund treffen Polizeipräsidien in ganz Baden-Württemberg laut Lottmann Vorkehrungen für den 7. Oktober. Dazu gehören zusätzliche Schutzausstattung und Bewaffnung der Einsatzkräfte, im Voraus gesammelte Informationen über Veranstaltungen durch den Staatsschutz und – meist im Falle von Pro-Palästina-Demos – der Einsatz externer Übersetzer*Innen. Für die einzelnen Demonstrationsorte in den Städten müssen die jeweiligen Präsidien aber je nach Örtlichkeit abwägen, welche Maßnahmen angemessen sind. Die Präsidien in Pforzheim, Karlsruhe, Baden-Baden und Rastatt sehen keine unmittelbaren Anzeichen für Probleme in den jeweiligen Städten, wollen aber dennoch vorbereitet sein.
„Uns liegen keine Hinweise auf erhöhte Gefährdungen vor. Dennoch sind wir sensibilisiert und können auf eine mögliche Lageänderung reagieren. Hierzu stehen wir im engen Austausch mit dem Landeskriminalamt BW. Tiefergehende Details zu unserer Vorbereitung können wir nicht nennen, da es sich hierbei um Polizeitaktik handelt.“
– Polizeipräsidium Pforzheim
Gerade bei einem Thema, das zu einer derartigen Gesellschaftsspaltung führt, sind auch die Demonstrierenden selbst nicht selten verunsichert. Und nicht nur gegenüber Sympathisanten einer als feindlich wahrgenommenen Seite. Viele Mitglieder verschiedener muslimischer Gemeinden sahen sich bereits vor dem 7. Oktober letzten Jahres unter einen Generalverdacht gestellt. Seit den Anschlägen habe sich das noch verschlimmert. Die Polizei betont jedoch, keinerlei Beitrag zu einem solchen Generalverdacht zu leisten und stets neutral zu agieren.
„Die Polizei berücksichtigt stets den Einzelfall. Sofern ein Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt, werden immer entsprechende Ermittlungen eingeleitet. Ob Äußerungen oder Handlungen einen Straftatbestand, wie etwa Volksverhetzung, Billigung von Straftaten oder Öffentliche Aufforderung zu Straftaten, erfüllen, wird dann jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände geprüft.“
-Polizeipräsidium Karlsruhe
Im Einzelfall die Situation zu prüfen, das wird auch bei den Veranstaltungen am kommenden Montag die Devise sein. Allein in Karlsruhe wird es mehrere größere Veranstaltungen geben, wie die Stadtverwaltung mitteilt. Etwa eine Mahnwache am Stephanplatz, eine Kundgebung am Kronenplatz oder ein Umzug startend am Europaplatz. Am Ende sei es nämlich wichtig, Solidarität mit den Menschen zu zeigen – auch bei einer Distanz fast 3000 Kilometern Luftlinie.