Karlsruhe
Eine Nacht im Kältebus: Wie das Deutsche Rote Kreuz Karlsruhe sich bei jedem Wetter um Hilfsbedürftige kümmert
Karlsruhe (ln) Bei all dem Schnee und Eis, die gerade durch die Region wehen, verlässt der ein oder andere das Haus oder die Wohnung vermutlich sehr ungern. Und jetzt stellen Sie sich mal vor Sie hätten bei diesem Wetter erst gar kein Haus, in das Sie sich zurückziehen können. In Karlsruhe gibt es immer noch einige Menschen, für die das Realität ist. Und genau für diese Menschen fährt seit 2019 der Kältebus des Roten Kreuzes aus, um sie bei den eisigen Temperaturen zu unterstützen.
Vier Räder und acht Sitze gegen den klirrenden Winter – das ist der Karlsruher Kältebus, der wie jedes Jahr von November bis März ausfährt. Im Auftrag des Roten Kreuzes verteilt er jeden Dienstag und Donnerstag Decken, Schlafsäcke, warme Kleidung, Essen und heiße Getränke an Menschen ohne Wohnung und Hilfsbedürftige. Die Helfer fahren bei Minusgraden, Regen, Hagel und Schnee hinaus in die Fächerstraßen. An diesem Donnerstag können sie das auch beweisen, denn als sich der Bus auf den Weg macht, kommen all diese Launen des Wetters vor – und zwar in der genannten Reihenfolge.
Vor dem Erfrierungstod bewahrt der DRK-Kältebus diese Schutzsuchenden in der Regel nicht. Auch wissen die ehrenamtlichen Helfer selbst, dass sie die Lebenslage der Leute selten spürbar verbessern und auch in Notsituationen können sie nur Polizei und Krankenwagen rufen. Ein Tropfen auf den kalten Stein ist der Bus aber trotzdem nicht. Das findet zum Beispiel Helmut, der unter den Arkaden im Schlosspark sitzt und eine Suppe bekommt. Es ist gut, dass regelmäßig jemand nach einem sieht, da fühlt man sich weniger verlassen, sagt er. Ähnlich sieht es Speeedyy, den das Kältebus-Team am Kronenplatz trifft. Ihn versorgen sie mit Kleidern und Kaffee. Für Speeedy, der nach eigener Aussage seit 12 Jahren auf der Straße lebt, kann der Kältebus durchaus dann und wann helfen, weiterzumachen.
Die Route, die der Kältebus nimmt, um Menschen wie Helmut und Speeedy zu helfen, wächst dabei mit dem Projekt. Zwar entwickelt jeder Helfer des Kältebusses ein Gefühl, wo die Hotspots der Hilfsbedürftigen hier in Karlsruhe sind – dennoch nimmt man auch dankend Tipps aus der Bevölkerung an. So wird eine sinnvolle Route geplant, die von Mal zu Mal angepasst werden kann. Was nie ausgelassen wird: Bahnhöfe – etwa die Unterführung in Durlach. Ein ebenso beliebtes Refugium unter Menschen auf der Straße sind Bankfilialen. Die bieten bis in die Nacht hinein zugängliche, warme Räume. Allerdings wird das nur von manchen Banken geduldet. In anderen schickt die Security die Wohnungslosen ab einer gewissen Uhrzeit fort. Das bedauert zum Beispiel Bernd, den die Helfer am Europaplatz antreffen. Laut ihm ist es seit 2025 deutlich schwerer, in einer Bank ein Nachtlager zu finden.
Umso mehr lobt Bernd die Einstellung des Kältebus-Teams, das an diesem Abend bis kurz vor Mitternacht seine Fracht an die Menschen verteilt. Finanziert werden die Güter größtenteils vom Roten Kreuz – wie der Bus selbst. Aber auch Sach- und Geldspenden werden in den Kofferraum gepackt. Das Herzstück der Aktion sind aber Zeitspenden, wie Kehrle es ausdrückt. Die ehrenamtliche Arbeit selbst. Auch für die beiden anderen Helfer habe sich der Blick aufs Leben durch den Kältebus zumindest im Kleinen verändert. Über neue Helfer im nächsten Winter, die sich per Mail anmelden können, wäre Kehrle sehr dankbar. Am Ende bestehe der Kältebus nämlich nicht nur aus vier Rädern und acht Sitzen, sondern aus denjenigen, die erst für die Wärme sorgen.