Maulbronn
Müll aus Atomkraftwerk, aber kein Atommüll: Erste Fuhre an Bau-Abfall aus Philippsburg kommt in Deponie Maulbronn an
Maulbronn (ln) Hinter den Kulissen der Energiewende ist viel los. Mehr als man manchmal annimmt. Zum Beispiel bedeutet der Rückbau eines Atomkraftwerkes nicht nur, dass radioaktive Abfälle entsorgt werden müssen – auch ganz gewöhnlicher Bauschutt muss in den umliegenden Deponien unterkommen. Beim Kernkraftwerk in Philippsburg ist das nicht ganz einfach und war auch mit vielen Konflikten und Diskussionen verbunden. Einerseits aufgrund der schieren Menge an Baustoffen, die durch den Rückbau frei werden, andererseits durch nicht-radioaktive Gefahrstoffe, die auch versorgt werden müssen. Heute kam die erste Fuhre mit asbesthaltigem Abfall im Enzkreis an, um dort zu bleiben.
Die Plomben an der Tür des Bauschutt-Transporters sind noch intakt, als er in der HDG-Deponie in Maulbronn ankommt. Das heißt: Man kann davon ausgehen, dass zwischen Verplomben und Abknipsen nichts am Baustoff-Müll verändert wurde. Das ist deshalb wichtig, weil dies die erste Fuhre aus dem zurückgebauten Atomkraftwerk in Philippsburg ist– und der Müll nun säckeweise vor dem Enzkreispanorama aufgetürmt wird. Dabei ist Müll aus dem Atomkraftwerk nicht gleich Atommüll. Genau genommen können 98 Prozent des Bauschutts bedenkenlos zurück in den Rohstoffkreis geführt werden. Diese Säcke möchte man aber vorsichtig behandeln. Denn die Bauscherben aus dem Kernkraftwerk sind asbesthaltig.
Gerade an so einem windigen Tag möchte man den Asbeststaub nicht an die Luft geraten lassen. Deshalb werden die Säcke sehr akribisch kontrolliert. Beginnend mit eigenen Plomben, die an jedem einzelnen angebracht werden, um Manipulationen auszuschließen. Ebenso werden Dichte und Stabilität der Säcke überprüft. Und das sind bei weitem nicht die einzigen Arbeitsschritte.
In dieser ersten Lieferung sollen die Kontrollschritte noch einmal in der Praxis erprobt werden. Deshalb hat die erste Charge auch nur 6 Tonnen geladen. Da es insgesamt aber 2200 Tonnen an asbesthaltigen Scherben sind, die in Maulbronn deponiert werden sollen, werden zukünftige Lieferungen anders ausfallen.
Kompliziert ist nicht nur die Logistik, sondern auch die Verhandlungen zwischen der betreibenden EnBW, dem Landkreis Karlsruhe, dem Landesumweltministerium und den Deponien der umliegenden Landkreise. Für asbesthaltige Materialien ist die HDG-Deponie grundsätzlich geeignet. Dennoch zögerte der Enzkreis, Abfallstoffe aus dem Atomkraftwerk aufzunehmen, was auch zu einem mehrjährigen Rechtsstreit führte.
Mehr kann und möchte der Enzkreis nicht in dieser Deponie aufnehmen. Das heißt, nur die vereinbarten Asbestscherben bleiben permanent in der Deponie und werden gestapelt und gesichert. Dabei ist geplant, die restlichen Tonnen des Materials in den nächsten drei Jahren nach Maulbronn zu liefern. Nach ähnlichem System. Es werden also noch einige Plomben durchgeschnitten, bis der letzte Asbestrest unter den Deponie-Bergen begraben ist.