ver.di kritisiert Übernahme von ÖPNV-Verkehrsnetzen durch die Deutsche Bahn

Pforzheim (pm) Die Beschäftigten der kommunalen Pforzheimer Verkehrsbetriebe sind zu einer Betriebsversammlung am kommenden Montag (8. Februar 2016) aufgerufen worden.

Wie die Dienstleistungsgesellschaft ver.di heute mitteilt, bangen die Beschäftigten um ihren Arbeitsplatz, da die Deutsche Bahn mit ihrem Tochterunternehmen Regionalverkehr Südwestbus (RVS) ein Minimalangebot für den öffentlichen Nahverkehr unterbreitet hat und damit das kommunale Unternehmen ausbootet. Die Bahn hat angekündigt, auch andere kommunale Stadtverkehrsnetze, beispielsweise in Hildesheim, übernehmen zu wollen.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) kritisiert das Vorgehen und fordert die politisch Verantwortlichen zum Handeln auf. Die Bundesregierung müsse dringend eine Korrektur im Personenbeförderungsgesetz vornehmen.

Der Stadtverkehr Pforzheim steht nach über hundert Jahren vor dem Aus. Durch das von der Deutschen Bahn mit ihrem Tochterunternehmen RVS unterbreitete Angebot für den öffentlichen Nahverkehr ist das von der Stadt initiierte Ausschreibungsverfahren hinfällig geworden, sie ist verpflichtet, das Angebot anzunehmen.

„Das kommunale Verkehrsunternehmen kann bei diesem Angebot nicht mithalten, weil es den Beschäftigten Tariflöhne zahlt“, betont ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle.“ Bei der RVS würden deutlich niedrigere Löhne gezahlt, die eine Differenz von mehr als 400 Euro brutto im Monat bedeuten, zudem habe die Bahn angekündigt, große Teile des Verkehrs an Subunternehmen zu vergeben. Die Politik sei aufgefordert, eine Lösung für die über 250 Beschäftigten ihres Unternehmens zu finden.

Hintergrund ist, dass eine Kommune durch europäisches Recht zwar die Wahl hat, den Nahverkehr entweder auszuschreiben oder direkt an ein eigenes Unternehmen zu vergeben. Sie kann dazu Vorgaben zur Qualität und zu sozialen Bedingungen für die Beschäftigten machen. Das deutsche Recht räumt  Bietern durch eine Regelung im Personenbeförderungsgesetz jedoch die Möglichkeit ein, sogenannte eigenwirtschaftliche Anträge zu stellen. In diesem Fall müssen Beschäftigten keine sozialen Standards wie beispielsweise Tarifverträge geboten werden. Auch die Tariftreuegesetze der Länder gelten dabei nicht.

„Damit schränkt der Gesetzgeber die Entscheidungsfreiheit der Kommunen ein und macht es Unternehmen, die tarifgebunden sind und gute Arbeitsbedingungen, von denen auch die Kunden profitieren, unmöglich, am Markt zu bestehen“, kritisiert Behle. „Dass sich nun auch noch ein Staatskonzern daran beteiligt, kommunale Verkehrsunternehmen zu vernichten, ist ein Skandal.“

Im kommunalen Nahverkehr sind über 130.000 Menschen tätig, in den kommenden Jahren wird die Mehrheit der Verkehrsverträge neu vergeben.

ver.di warnt vor Arbeitsplatzverlusten und einem Dumpingwettbewerb.

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