Stadt wehrt sich gegen Asyl-Zuweisung in einem Einzelfall
Pforzheim (pm) Die Stadt Pforzheim wehrt sich gegen eine Flüchtlingszuweisung, da die Unterbringung des betreffenden jungen Mannes mit Kosten von knapp 100.000 Euro jährlich für die Stadt verbunden wäre. Das teilt die Stadt auf ihrer Homepage mit.
Der knapp 18 Jahre alte junge Mann ist schwerstbehindert und „auf eine Versorgung in einer entsprechenden stationären Einrichtung angewiesen“, die es aber nur außerhalb des Stadtgebiets gebe, wie Oberbürgermeister Gert Hager in einem Schreiben an Landesinnenminister Thomas Strobl ausführt. Der junge Mann aus dem Irak werde also gar nicht in Pforzheim leben, auch seine hier lebenden Familienangehörigen wollten und könnten mit ihm keine Hausgemeinschaft bilden. Von einem Familiennachzug mit dem Ziel der Zusammenführung als Familie könne daher nicht die Rede sein.
Eines ist dem Rathauschef dabei von vornherein wichtig: „Es geht uns nicht darum, einem Menschen mit Behinderung nicht helfen zu wollen. Das Schicksal des jungen Irakers bewegt uns und natürlich muss er angemessen betreut werden.“ Er solle und müsse genau die Versorgung bekommen, die er braucht. Die Frage sei nur „wo, und wer zahlt dafür?“ So lebe der junge Mann bereits seit Monaten in einer geeigneten Einrichtung in einer anderen Kommune, in der er demnach auch schon „Integration erfahren habe“. Es gebe keinen argumentativ nachvollziehbaren Grund dafür, dass nun durch einen Einrichtungswechsel die Kosten auf die Stadt Pforzheim abgewälzt werden – und das, angesichts der Sparvorgaben in Höhe von 130 Millionen Euro, die die Stadt auf Dringen des Regierungspräsidiums Karlsruhe in den nächsten Jahren zu leisten habe.
Das Innenministerium hatte seine Zuweisungsentscheidung mit Paragraf 12a des Aufenthaltsgesetzes in Baden-Württemberg begründet, wonach alle Zuweisungen im Sinne einer nachhaltigen Integration erfolgten. Die ungleichen Integrationsbedingungen im Land, so argumentiert der Oberbürgermeister, würden nun gerade nicht bei der Verteilung der Asylsuchenden berücksichtigt. Die besondere Situation der Stadt aufgrund des hohen Zuzugs irakischer Yeziden spiele dabei keine Rolle. Die Verteilung erfolge vielmehr anhand der Einwohnerzahlen. Eine Integration in Pforzheim sei aber auch deshalb nicht möglich, weil der junge Mann in einer Einrichtung außerhalb der Stadt Pforzheim leben werde.
Hinzu komme, dass die Stadt Pforzheim bereits einen Sohn der Familie aufgrund einer vorliegenden geistigen Behinderung und eines sehr auffälligen Sozialverhaltens durch eine tagestrukturierende Maßnahme versorgen müsse, in nächster Zeit aber vermutlich auch in diesem Fall ein stationärer Aufenthalt notwendig werde, der von den Kosten her in die gleiche Richtung laufe.
„Es ist der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, dass die Stadt Pforzheim angesichts der aktuellen finanziellen Herausforderung über Jahre hinweg für einen jungen Menschen mit Behinderung aufkommen soll, obwohl die zugewiesene Person auf absehbare Zeit nicht ihren Lebensmittelpunkt hier begründen kann, und die Familie dies auch weder anstrebt noch ermöglichen wird“, so der Oberbürgermeister in dem Schreiben weiter. In Anbetracht der zu erwartenden hohen finanziellen Belastung des städtischen Haushalts sehe er sich nicht im Stande, den Gemeinderat sowie die Öffentlichkeit über die hier erfolgte Zuweisungspraxis nicht zu informieren.
Abschließend bittet der Rathauschef darum, die Zuweisung des jungen irakischen Yeziden rückgängig zu machen und ihn einem weniger finanziell und integrationspolitisch geforderten Stadt- oder Landkreis, möglichst in die Kommune, in der er bereits heute lebt, zuzuweisen.